Der Aktivator
Das wohl bekannteste, von V. Andresen entwickelte, funktionskieferorthopädische Gerät, war ursprünglich zur Retention gedacht. Der Begriff bringt zum Ausdruck, dass das an sich passive Gerät Muskelkräfte und das Wachstum des Unterkiefers aktiviert.
Die Hauptindikation des Aktivators ist die Behandlung von Distalbissen (Bissausgleich) mit tiefem Schneidezahnüberbiss im Wachstumsalter. Beißt der Patient in das fertige Gerät, so befindet sich die Mandibula mit ihrem Processus condylaris in einer mesial exzentrischen Position zur Fossa articularis, während gleichzeitig die retraktiven Muskel des Unterkiefers (vor allem die horizontalen Anteile des Musculus temporalis sowie die obere und untere Zungenbeinmuskulatur) sowie die umgebenden Weichteile gedehnt werden. Dieser unphysiologische Zustand wird durch muskuläre und ossäre funktionelle Anpassungen in einen physiologischen Status überführt.
Die Funktion eines Aktivators erklärt sich einerseits aus den entstehenden Muskelkräften und andererseits daraus, dass der Organismus versucht, einen neuen stabilen Zustand im Kiefergelenkbereich herzustellen. So setzt man voraus , dass das Wachstum des Processus condylaris nach dorsokranial angeregt wird, während gleichzeitig ein nach ventrokaudal gerichteter Umbau der gesamten Fossa stattfindet. Zusätzlich wirken die erzeugten Muskelkräfte auf den oberen und unteren Zahnbogen ein. Im Oberkiefer überträgt sich diese Kraft über die Zähne auf die Maxilla, was deren physiologisches Wachstum nach ventrokaudal hemmt.
Für die Herstellung erforderlich ist ein Konstruktionsbiss, bei dem sich der Unterkiefer in einer vorgeschobenen Position befindet, während seitlich der Biss gesperrt ist.
Entscheidend ist bei einem Aktivator das Einschleifen im interokklusalen Bereich. Dieses Einschleifen soll den Durchbruch der Seitenzähne vertikal fördern (Bisshebung) sowie gleichzeitig die sagittale und transversale Zahnstellung beeinflussen. Simultan wird der Schneidezahndurchbruch gehemmt (indirekte Bisshebung und Vermeidung von Tiefbiss), wodurch der bisshebende Effekt verstärkt wird. Eine entscheidende Frage ist, ob der Aktivator eine dentoalveoläre oder eine skelettale Wirkung hat. Abhängig von der Konstruktion des Gerätes überwiegt der dentoalveoläre Umbau deutlich.